La Graciosa, die kleine Unbekannte im Norden der Kanaren, ist für uns ein fantastischer Auftakt mit einer herrlichen Ankerbucht inmitten schönster Natur. Zur einen Seite die Insel Graciosa mit dem Montana Amarillo, zur anderen Seite der wilde bergige Norden Lanzarotes und zudem Wasser und Horizont ein super Rundum-Panorama! Das Schwimmen im traumhaft klaren türkisfarbenen Wasser mit ungehindertem Blick auf den 7m tiefen Grund macht viel Spaß. Das werden wir so schnell nicht wiederfinden. Darüber sind wir selbst erstaunt, hatten wir uns doch viele solcher Ankermöglichkeiten von den Kanaren erhofft. Der starke Tourismus hat gerade an den Küsten viel verändert und die Natur verdrängt. Wegen des angesagten Tiefdruckgebietes mit Südwest-Wind verlassen wir diesen paradiesischen Platz schneller als uns lieb ist, nach nur zwei Tagen.
Es folgten 10 Tage Lanzarote, eine Woche in Puerto Calero im Südosten. Der Hafen ist ganz das Gegenteil: eine große Marina in der Jens nur mit ganzer Überredungskunst verhindert, dass wir einen Liegeplatz gleich in der ersten Reihe zur Partymeile zugewiesen bekommen. Der dann ergatterte Platz mitten drin im Hafenbecken macht´s nicht wirklich leiser und schöner: zwischen Flanier- und Gastromeile und Betonhafenmauer zur Seeseite bleibt kaum ein Blick in die Natur und selbst der Himmel ist durch einen Masten-Wald recht versperrt. Was hilft´s, wir brauchen einen Elektriker und ne Waschmaschine. Ne warme Dusche ist auch ganz nett, die letzte gab´s in Portimao vor 11 Tagen. In Essaouira gabs anstatt Sanitäranlagen nur einen Hamam im Ort und unsere Zeit verflog ohne einen Besuch desselben. Der Elektriker kommt am selben Nachmittag und findet schnell heraus, dass wir eine neue Trenndiode brauchen. Zum Glück war es nicht die Lichtmaschine! Zwei Tage später baut er sie ein. Einklarieren können wir auch in Puerto Calero nicht, das geht nur in Arrecife, der Hauptstadt. Ein Grund mehr ein Auto zu mieten. Ein Ausflugstag führt uns zur Policia National de Immigration nach Arrecife. Endlich bekommen wir einen Stempel in den Reisepass, könnte beim Einklarieren auf den Cap Verden hilfreich sein.
Ein Kurzbesuch bei Ikea! und kaufen wir die 3. Generation Weingläser, weißen Baumwollstoff, den wir so schlicht nirgends anders fanden (wir wollen eine Tischdecke für besondere Tage) und rote Kerzen, vielleicht für Weihnachten. Direkt am Hafen gehen wir ins Museum für Zeitgenössische Kunst, eine kleine alte Festung von César Manrique umgebaut und mit einem Cafeteria-Anbau mit Glasfront zum Hafen attraktiv ergänzt. Neugierig und nichts erwartend, treffen wir auf eine kleine, aber durchaus interessante Kunstsammlung, die ganz zu unserem Thema passt: Überwiegend konkrete Kunst, aus Europa und Lateinamerika. Anschließend fahren wir zur Manrique-Stiftung. Fünf Kraterblasen und ein darin wachsender Feigenbaum inspirierten ihn zur Wahl eben dieses Ortes, der ihm, als nutzlos angesehen, auch noch geschenkt wurde. Der Architekt und Allround-Künstler baute sich ein weißes Haus mit 1800qm über und in die Hohlräume der kargen schwarzen Landschaft. Neben der berühmten ortsbezogenen Architektur, überraschte uns vor allem die private Kunstsammlung Manriques. Viel sparsame und sensible abstrakte Malerei und Raumkunst. Jens inspirierte die lichte weiße Architektur erneut zu weiteren Fotos in der Reihe Licht und Architekturdetails. Und schließlich sehen wir uns auch das größte Naturreservat Spaniens an, die beeindruckende Vulkanlandschaft. Nur mit dem Bus zu erleben, aber dennoch ein Erlebnis, welche Landschaft die jüngsten Vulkanausbrüche aus dem 18. Und 19. Jahrhundert dort hinterlassen haben.
Nach vier Tagen verlassen wir den Hafen wieder und segeln mit guten 4-5 Bft. aus Nordost in den Süden. Herrlich wieder vor Anker zu liegen. Das super Felsen-Küstenpanorama von Playa Papagayo zur einen und die Weite des Meeres zur anderen Seite. Himmel mit Sonnenauf- und Untergang, das gehört mit zum Leben an Bord und fehlt uns meist, wenn wir im Hafen liegen. Hier können wir unseren Sundowner endlich wieder genießen! Auch der spürbare Schwell kann die Freude nicht trüben, obwohl unsere neu definierte Grenze für viel Schwell mehrfach überschritten wird. Von ´viel Schwell´ sprechen wir (erst), wenn ein Weinglas auf dem Tisch wegen der Schaukelei (vor Anker wohlgemerkt) umkippt.
Bevor wir wieder die nächste Etappe nach Teneriffa segeln, gehts zum Wasser nehmen, Strom aufladen und Einkaufen nochmal in einen Hafen, in die Marina Rubicon, nur wenige Meilen neben dem Ankerplatz. Ein sympathischer Nachbar, ein Schweizer Dauerlieger machte uns den Aufenthalt mit Empfehlungen und Plaudern beim Wein sehr angenehm. So lässt es sich trotz künstlicher Marinawelt mit Gastromeile und Livemusik (nicht nach unserem Geschmack) ganz gut aushalten.
Gran Canaria lassen wir aus zu viel Rummel um die ARC (Atlantic Ralley for Cruisers), die am 20.11. hier losgeht. Stattdessen segeln wir direkt nach Teneriffa, 130 Seemeilen in 26 Stunden, wobei die letzten Morgenstunden vor Teneriffa fast ohne Wind sind. Dafür geht´s aber mit gut 6 Knoten wunderbar schnell von Lanzarote gen Westen los.
Die herrliche Ankerbucht von La Graciosa hätte ich auch gerne miterlebt! Anja