Allein an Bord beginne ich mit dringenden Arbeiten. Vor Allem das Unterwasserschiff muss gereinigt werden, es hat schon mindestens 1 cm dicken, grünen Bewuchs. Rau und erstaunlich hart fühlt sich das an, aber mit Spachtel und Schrubber gehts ganz gut ab.
Mein Fuß ist endlich soweit, dass ich wieder schwimmen gehen kann und so bewaffne ich mich mit Flossen (geht so gerade über die neue Haut) und Taucherbrille und rücke dem Kraut zu Leibe. Zunächst mit dem Spachtel entlang der Wasserlinie, da, wo der Wasserpass (weißer Lack) schon eintaucht gehts besonders schwer ab. Dann arbeite ich mich langsam nach unten vor. Luftholen, tauchen, schnell ein kleines Stück kratzen oder schrubben und schnell wieder auftauchen, weil die Luft am Ende ist. Puh, mühsam und anstrengender als ich dachte, eine halbe Stunde später liege ich erschöpft im Dingi, Pause weitermachen. Nach 5 Tauchsessions an 2 Tagen ist es geschafft. Chiloë ist wieder glatt und blau bis zur Kielsohle.
Am Samstag gibt es einen traditionellen Markt in Maragojipe, 10 sm von Itaparica quer über die Bahia und dann noch mal 10 sm den Rio Paraguacu hinauf. Man sagt, dass die Bauern noch mit Eseln und Maultieren aus dem Hinterland kommen, um Obst, Gemüse und Tiere zu verkaufen. Da will ich hin!
Rio Paraguacu
Emilia, ein junger Schweizer von der SY Marty Mc Fly fragt mich, ob er mitkommen könnte. Nach kurzer Bedenkzeit stimme ich zu, so ohne elektrischen Autopilot mit Tide und Strömung wäre es gar nicht schlecht einen zweiten Mann an Bord zu haben. Außerdem ist er Software Entwickler und bietet mir an, sich um meine PC Probleme zu kümmern und mir noch interessante Programme und Daten aufzuspielen. Da gibt es zum Beispiel einen globalen Tidenkalender, sämtliche Pilotcharts und Küstenguides und die neuesten Seekarten für das Navigationsprogramm Open CPN. Ja, auch wir navigieren schon mit dem Netbook, auch wenn die Papierkarten immer noch dabei sind. Eine Detailkarte für den Rio Paraguacu leihe ich von der SY Santana, denn bis Maragojipe reichen die elektrischen Karten nicht.
Ich segle am Freitagnachmittags mit Emilia los, haben mal wieder herrlichen Wind, 4-5 Bft von achtern und schlängeln uns dann den Fluß hinauf (Tide beachten, dann schiebt der Strom mit 2 kn). Tolle Urwaldlandschaft, rote Klippen und grüne Ufer, knallrote Vögel fliegen vorbei, nur ein Areal, auf dem Bohrinseln gebaut werden sticht aus der Idylle etwas heraus, Brasilien eben. Abends dann himmlische Ruhe , 5-6 Yachten ankern vor der langen Flussbrücke, die mich an die Seebrücken an der Ostsee erinnert.
Morgens, auf dem Weg zum Markt begegnen uns immer wieder Jungen mit Schubkarren. Sie machen den Transportservice für die Einkäufe, die Hausfrauen spazieren ganz entspannt nebenher gute Idee eigentlich, oder? Und dann sind wir auf dem Markt, toll, vor allem diese Menschen Ich glaube ein paar Bilder sagen mehr als viele Worte
Mit etwas geschicktem Handeln kann man sehr günstig einkaufen; 16 Apfelsinen für umgerechnet 1 Euro, 3 riesige Avocados für 1 Euro und Ananas für 75 Cent pro Stück eine halbe Bananenstaude für 1,50 und Limetten gleich 20 Stk. für 1 Euro, da kann man jede Menge Caipis machen.
Wieder zurück in Itaparica finde ich endlich Zeit und Muße meine künstlerische Arbeit wieder aufzunehmen. Etwas was mir seit einiger Zeit wirklich fehlte, mich manchmal recht unzufrieden machte, denn ich schätze meine Arbeit und sie gibt mir eine Menge. Ich baue einige kleine Skulpturen und merke, es tut richtig gut, etwas Neues zu schaffen! Eine erheblich größere Erfüllung als immer nur reparieren und Instand halten.
Darüber hinaus fühle ich mich sehr wohl in diesem internationalen Seglerdorf (unserer Ankerbucht). Hier in Brasilien hat sich da noch einmal etwas deutlich verändert. Die Kommunikation und der Zusammenhalt der Segler ist hier viel höher als auf den Kanaren oder Kap Verden. Auch der Typ Segler hat sich noch einmal verändert. In Deutschland wurden wir noch bestaunt: ein ganzes Jahr segeln und nach Südamerika Von La Coruna und bis zu den Kap Verden trafen wir dann viele Segler, die 3-4-5 Jahre Zeit (und Geld) hatten und um die Welt segeln. Jetzt treffen wir auf Menschen, die seit 10 Jahren, manche sogar seit 20 Jahren unterwegs sind und die dauerhaft auf Ihren Schiffen leben. Ich erwähnte schon Brian und Marta, die unterwegsin Australien zwei Kinder bekamen (mittlerweile 5 und 8 Jahre alt). Brian sitzt jeden Morgen wie ein Buddha meditierend auf dem Vordeck, danach werden die Kinder unterrichtet, die mindestens zweisprachig aufwachsen. Ron, ein Amerikaner, einige Jahre jünger als ich, ist seit 24 Jahren einhand unterwegs, kam mit seiner Nicholsen 32 durch den Beagle Kanal aus dem Pazifik. Nun hat er erstmal genug und segelt über die Karibik nach Hause (North Carolina).
Und da ist Shirly, eine zierliche, bescheidene und ganz zurückhaltende Frau aus Kapstadt, Südafrika. Mittlerweile 64 Jahre alt, ist sie seit 10 Jahren alleine mit ihrer Katze auf ihrer betagten Laurent Giles 25, Baujahr 1952, unterwegs. Mit dieser knatschgelben, nur 8 m langen Yacht segelte sie von Kapstadt nach Brasilien, über die Karibik in den Norden bis nach New York und Boston, und über die Azoren, Kanaren, Kap Verden wieder nach Brasilien und runter bis Buenos Aires. Nun ist sie erneut auf dem Weg in die Karibik. Hut ab!!! Vor so einer seglerischen Leistung. Besser als in irgendeiner Wohnung jeden Tag vor dem Fernseher zu sitzen sagt sie. (Als Software Entwicklerin träumte sie schon immer vom Langzeitsegeln, traf einen Mann mit dem sie eine 12m Yacht kaufte. Doch als dieses Schiff nach 10 Jahren immer noch nicht reisefertig war, zweifelte sie an seinen Absichten und kaufte sich kurzerhand diese kleine Yacht und segelte alleine los.)
Die Möglichkeiten und die Realität von Segeln und einem Leben an Bord gewinnen neue Dimensionen, wenn man mit solchen Menschen spricht…
Im Übrigen ist Itaparica ein wunderbarer Platz, um hier etwas mehr Zeit zu verbringen. Direkt hinter der Marina gibt es eine Quelle mit hervorragendem Trinkwasser. Bei jedem Landgang füllt man dort einige 5 l Wasserflaschen auf.
Es gibt nette Kneipen und Restaurants, bei denen die Preise vom günstigen Mittagstisch für 2 Euro bis zum Dinner für 20 Euro variieren. Und nicht unerheblich, es gibt kostenloses Internet, per WiFi bis aufs Schiff!. O.k., man muss ab und zu mal in der Bar Amigos ein Bier trinken, um den neuen Code zu erfahren, aber dort treffen sich sowieso Alle.
Ciao, bis bald, jetzt freue ich mich erstmal darauf, dass Ariane am Freitagabend wieder an Bord kommt.
Die Fischer von Itaparica