Archive for Juni, 2012

27. Bericht: Pinheiro bis Montevideo (15.- 21.5. 2012)

Sonntag, Juni 24th, 2012

Am Dienstag (15.5.) um 9 Uhr bei null Wind geht’s Anker auf. Wir wollen das günstige Wetterfenster optimal nutzen, das heißt so weit wie möglich kommen. Dazu haben wir beschlossen bei dem restlichen (schwachen) südlichen Winden schon loszufahren, Kurs Süd, erst mal am Cabo St. Marta vorbei (40 sm) und dann Abstand von der Küste gewinnen. Wir finden zu unserem Tagesrhythmus auf See. Mittagessen gegen halb zwei. Da es jetzt herbstlich kühl geworden ist, essen wir mittags kein Müsli mehr, sondern eine kleine warme Mahlzeit. Nachmittags gibt’s Kaffee und Kuchen oder Kekse. Gegen 18.30 Uhr Abendessen und spülen. Anschließend legt sich Jens für ein Viertelstündchen zum autogenen Training hin, so ist er dann fit für seine erste Wache. Um 19.30 Uhr kommt endlich segelbarer Wind auf, ESE 3-4. Am Wind können wir unseren Wunschkurs anliegen, wie angenehm, die Ruhe ohne Motor. Um 20 Uhr beginnt unser Wachsystem. Jens übernimmt, wie immer, die erste Wache und ich darf nach dem Essen die ersten drei Stunden schlafen. Im Dreistundentakt geht es dann so durch die Nacht, (20-23, 23-2, 2-5, 5-8) ein Zeitplan den wir auf der ganzen Reise beibehalten haben. Gegen 4 Uhr morgens dreht der Wind langsam auf Ost, wir haben jetzt gut 50 Meilen Abstand von der Küste und können etwas abfallen auf einen angenehmen Halbwindkurs.

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Mittwoch (16.5.) Wunderbarer Segelwind, jetzt NE und Raumschotkurs. Aber schönes Wetter gibt es nicht; bewölkt, Regenschauer, kühl und ne ganz schöne Schaukelei bei Wellen von 2-3m. Ich hatte vorgekocht, Weißkohleintopf, nun hat sich das Wetter unserem Speiseplan angepasst, wäre aber nicht nötig gewesen. Ich hatte Jens noch erklärt, dass mein Weißkohl auch bei warmem Wetter schmeckt…  Mittags dreht der Wind auf Nordost und lässt nach, die See wird chaotisch, die Segel schlagen, Motor an und weiter, wir müssen Strecke machen, hier ist keine Zeit zum gemütlichen Bummeln unter Segeln. Gegen Abend nimmt der Wind wieder zu und die See wird ruppig. Wir rauschen mit ausgebaumter Genua und mit 5-6 Knoten über Grund durch die finstere sternlose Nacht. Um 4 Uhr geht dann eine schmale Mondsichel wie ein Boot am Horizont auf. Wie schön, dass sich Regenschauer und Flauten verzogen haben und Platz für Wind und Sterne gemacht haben.

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Donnerstag (17.5.)  Täglich holen wir uns bei Martin (in Darmstadt) den aktuellen Wetterbericht per Satellitentelefon. Heute rufen wir schon morgens um 9 Uhr an. Wir hören, dass die Wetterlage weiterhin stabil und kein neues Tief im Anzug ist, alles Bestens für unsere Absicht an Rio Grande, dem einzigen Hafen auf 1000 km Küste, vorbei zu segeln.  Am Vormittag macht Jens einen Kontrollgang übers Vorschiff. Auszug aus dem Logbuch: „ Bolzen vom Baumkicker hatte sich gelöst. Ich sah den Splint an Deck liegen und der Bolzen steckte nur noch halb drin. Mit Andirken den Baum angehoben und den Bolzen wieder eingeschlagen, den Splint wieder zusammengedrückt (der Ringsplint hatte sich geöffnet und lag noch an Deck).“  Glück gehabt! Ein super sonniger Segeltag bei 4-5 Windstärken aus Ost später 5 Bft. aus Nordost bringt uns gut voran. In Böen kommen wir sogar auf 7 Knoten über Grund, da uns die Strömung (1 kn) auch noch schiebt, sodass wir an diesem Tag 133 Meilen machen. Die Meeresströmung richtet sich hier nach dem Wind aus, so dass es noch wichtiger ist, diesen nicht von vorne zu haben. Wir führen ein echt bewegtes Leben, bei 2-3 Meter Welle, wird alles zur Akrobatik, anziehen, aufräumen, navigieren und vor allem das Kochen.

Freitag (18.5.) Unsere dritte Nacht ist sternenklar, der Mond geht heute erst um halb fünf auf. Vorher sieht man die Sterne, Milchstraße umso besser. Alles läuft bestens, noch 200 sm bis La Paloma (1. Hafen in Uruguay) Jens ist bester Laune und kocht wie immer auf See (vor allem bei Seegang ist der Kapitän auch der Koch). Er scheut keine Mühe: heute gibt’s eine seiner Lieblingsspeisen,  Kartoffelpuffer mit Apfelmus.  Auch wenn die Kartoffelmasse aus der Packung kommt, es schmeckt wie bei Muttern. Begeistert steht er an der Pfanne, und brät 21 Kartoffelpuffer! Während ich sie bequem im Cockpit sitzend mit Salz und Pfeffer (nach Art meines Vaters) verspeise, isst er sie sofort, noch am Herd stehend mit Apfelmus und Zucker, dazu lautstark die CD mit 28 verschiedenen Versionen von La Paloma hörend. Abends, bei nachlassendem Seegang entscheiden wir endgültig – wir fahren weiter! An Rio Grande vorbei direkt bis Uruguay. Es läuft so gut und wir haben keine zu Zeit verlieren,  nutzen das günstige Wetter und segeln so weit wie wir damit kommen.  

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Samstag (19.5.) Die Nacht ist wunderbar sternenklar, aber recht feucht (82% Luftfeuchtigkeit)und herbstlich kühl. Kurz nach Mitternacht sehe ich auf dem AIS einen Frachter auf parallelem Kurs, er heißt „Wappen von Frankfurt“, klingt sehr deutsch, aber ich wage nicht den Kontakt über Funk aufzunehmen. Es ist ein freudiges Gefühl, hier im Südatlantik ein Schiff mit so vertrautem Namen neben sich zu wissen. Mittags wollen wir zum ersten Mal seit Mittwoch wieder das Großsegel setzen. Bei raumem Wind und ausgebaumter Genau. Doch das Großfall hat sich hinterm Radarreflektor verhakt, um es zu befreien klettert Jens bis zur Saling den Mast herauf, ich sichere ihn, nur dort oben kann er das Fall befreien. Mit gesetztem Großsegel liegen wir stabiler, bei nur noch 3 Bft Wind aus Nord, ist´ s zudem  nötig ein bisschen mehr Tuch zu fahren. Die unsichtbare Landesgrenze passieren wir nachts. Ciao Brasilien!

Mit zunehmend herbstlicherem Wetter und abnehmenden Temperaturen wollen wir nun erst recht ankommen, 4 Monate Brasilien haben uns doch ganz schön verwöhnt! Der erste Hafen in Uruguay heißt La Paloma. Vergeblich versucht Jens ab Spätnachmittag uns dort zu melden, denn es besteht Anmeldepflicht in Uruguay. Über Monitoring werden alle Schiffe, auch Segelyachten, von der Küstenwache (Prefectura) erfasst. An bestimmten Punkten muss man sich über Funk melden und bevor man in einen Hafen einlaufen will, braucht man die Genehmigung vorab über Funk. Es ist viel los auf Kanal 16, wir sind nicht die einzigen, die La Paloma Control rufen, doch von dort ist nichts zu hören, keine Antwort, also fahren wir ohne Monitoring weiter.

Sonntag (20.5.) Wir passieren La Paloma morgens früh noch im Dunkeln. Punta del Este ist der nächste Hafen, den wir bei Sonnenaufgang um 7.30 Uhr voraus haben. Das Wetter verspricht einen sonnigen Sonntag, es hat noch 2-3 Windstärken, wir beschließen weiter zu segeln statt wie geplant das heiß geliebte Ferienziel der Argentinier, Punta del Este, anzulaufen. Wir schauen wie weit wir an diesem Tag noch kommen können. Piriapolis wäre gut, diese Station haben wir auf jeden Fall eingeplant, denn dieser Hafen könnte eine Möglichkeit zum längerfristigen Verbleib von Chiloë bieten. Wir müssen als nächstes einen passenden Ort fürs Boot finden und da ist Uruguay eine interessante Alternative. Der Wind schläft mittags leider ein und wir motoren, jedoch zumindest bei blauem Himmel und Sonnenschein. Inzwischen ist das Wasser braun und es gibt kaum mehr Seegang. Auch wenn es echt nicht so aussieht, die Seekarte zeigt, dass wir noch auf dem Atlantik in der Bucht vor der La Plata Mündung sind, das südliche Ufer der Bucht ist 100 Seemeilen entfernt. Das Delta des La Plata beginnt erst ab Montevideo und da ist der Fluss dann 60 Seemeilen (110 km!) breit.

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Mit uns fahren diverse Frachter, das AIS Radar können wir getrost ausgeschaltet lassen, denn es sind immer Schiffe im Abstand von 8 Meilen um uns herum. Der kleine Monitor zeigt uns welchen Kurs und welche Geschwindigkeit die Frachter fahren und die Schiffsnamen. Da ist jetzt die „Hamburg Star“, spannend. Diesmal wollen wir aber wissen, welches Ziel dieses Schiff hat und Jens ruft es über Funk. Der 1. Steuermann antwortet, natürlich auf Englisch, kein Deutscher an Bord. Sie sind kurz vor Montevideo und gehen dort auf Rede. Jens gibt ihm unser Ziel an. Oh unser Kapitän kommt aus Buenos Aires, einen Augenblick ich hole ihn mal. Nach einigen Minuten ist er da und sehr gesprächig. Er ist auch Segler und hat sein Schiff in der Marina Barlovento in Buenos Aires liegen (die war uns schon mehrfach empfohlen worden). Eine nette Unterhaltung am Sonntagnachmittag.

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Um 16 Uhr kommen wir in die Bucht von Piriapolis. Per Funk melden wir uns an, werden schon erwartet. Aha, die Kontrollstationen sind gut vernetzt. Das Hafenbecken ist relativ klein, hat zwei Stege und in der Mitte eine Menge Muringbojen an denen Yachten liegen. Gleich am ersten Steg sehen wir einen freien Liegeplatz zwischen einigen größeren Segelyachten. Nach einer kleinen Runde entscheiden wir, das ist wohl der einzige freie Platz. Am Ufer stehen schon ein paar Leute und so fahren wir in die Box. Der Mann am Ufer ruft „gib mal die Leine rüber“. Na das ist ja ein Empfang nach 5 Tagen (und 7 Stunden) auf See. Werner, so der freundliche Nachbar mit bayrischem Akzent erzählt, dass die Häfen hier alle voll sind, er gibt noch ein paar Informationen und sagt wo wir ihn finden können, drei Schiffe an Backbord.

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Nachdem alle Leinen gut vertäut sind gibt’s einen Ankommer. Toll, dass das Wetter so gnädig war und wir so weit gekommen sind! 606 Seemeilen in 5 Tagen und 7 Stunden, mit ‚nur‘ 22 Motorstunden und ohne Probleme, schön. Wir sind froh, dass wir diese nicht ungefährliche und lange Seestrecke (die drittlängste der gesamten Reise) heil und gesund überstanden haben, haben echt Glück gehabt mit dem Wind. Vorm Dunkelwerden machen wir noch einen kleinen Spaziergang durch den Hafen – und tatsächlich, die Doppelbox in der wir festgemacht haben, ist der einzige freie Liegeplatz. Nachdem Abendessen geht diesmal der Kapitän als erster in die Koje. Von 9 bis 9, erstmal richtig ausschlafen, das tut gut.

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Am Montag (21.) ist Feiertag, außer bei der Prefectura können wir uns nirgends anmelden. Jens macht dort die Papiere, während ich die Küchengroßreinigung nach den Seetagen übernehme. Nachmittags ziehen wir gemeinsam, mit 2 Pc´s und Kamera im Rucksack, bei grauem Herbstwetter durch den fast ausgestorbenen Ort. Das große Hotel Argentino von 1905 stammt aus der Zeit als Francisco Piria das touristische Potential dieser weit geschwungenen Badebucht entdeckte und entsprechend in den Aufbau der Stadt investierte. Das riesige, aber menschenleere Cafe im Hotel schauen wir uns nur an.

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Wir bevorzugen eine Pizzeria mit Wifi an der Promenade, bestellen Pizza und Bier und stürzen uns auf unsere Emails, sind gespannt, was in der Zwischenzeit angekommen ist. Und über Skype telefonieren wir mit unserer Familie. Als wir zurückgehen, ist es schon 20 Uhr und längst dunkel. Dennoch klopfen wir nochmal bei dem netten Bayern an. Er bittet uns gleich an Bord zu kommen. Es ist halb eins als wir uns von Werner und Emmy verabschieden. Sie segeln seit zwei Jahren in der La Plata Region, kennen sich also bestens aus und können uns viele Fragen beantworten, gerade im Hinblick auf unsere Suche nach geeigneten Liegeplätzen. Außerdem erzählen wir uns natürlich gegenseitig von unseren Seereisen und Werner und Emmy zeigen uns auch gleich Bilder von ihrer Reise durch Gambia und Mali. Auf den Kap Verden waren wir diesen afrikanischen Ländern schon recht nah gekommen. Bisher hatten wir nur einige wenige Segler getroffen, die in Dakar waren. Doch über den Fluss Gambia ins Landesinnere zu fahren! Das waren schon spannende Bilder aus einer ganz anderen Welt, die wir da zu sehen bekamen.      

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Am Dienstag (22.) melden wir uns in der Marina an und genießen ne ausgiebige Dusche. Nachmittags rollern wir zum Einkaufen, es gibt einen großen Supermarkt am Ortsrand. Was für ein Angebot, fast wie in Europa! Wie immer in einem neuen Land brauchen wir viel Zeit, um erst mal das landesübliche Warenangebot zu studieren. Antonia (unser 18-Jähriger Gast) staunte schon in Spanien wie lange wir z.B. vor dem Joghurtsortiment der Kühltheke stehen und gucken können. Wir haben uns im Laufe der Reise zwar um eine effizientere Einkaufsstrategie bemüht und teilen uns jetzt hier und da auf -Jens checkt die Fleischtheke, ich das Obst und Gemüse- doch was es hier an Käse, Wurst, Wein und Spirituosen gibt, das bestaunen wir doch gerne auch gemeinsam. Nach zwei Stunden sind wir glücklich mit zwei schwer gefüllten Rucksäcken zurück an Bord. Wurst und Käse wie in Europa und endlich ist guter Wein wieder bezahlbar! Nach 4 Monaten Brasilien genießen wir das sehr.

 
Mittwoch (23.)  Der Hafen von Montevideo ist ungünstig anzulaufen und so beschließen wir einen Tagesausflug mit dem Bus dorthin zu machen. Morgens um 8 Uhr geht’s los und nach eineinhalb Stunden sind wir da. Bequem, schnell und preiswert und zudem sehen wir die Küstenlandschaft mal von Land aus. Seit Monaten kommen unsere kleinen Cityroller jetzt wieder zum Einsatz und süchtig nach Wasser wie wir sind, rollern wir als erstes zum Hafen von Montevideo.

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Wir landen an einem kleineren Hafenbecken, in dem gerade ein Fischkutter ausgeladen wird. Das haben wir noch nicht gesehen: riesige tiefgefrorene Fische werden da aus dem Schiffsbauch herauf gekrant, von einer Truppe kräftiger Hafenarbeiter geschultert und auf drei Kühl-LKWs verteilt. Haifische, Thunfische und Schwertfische wie wir im Gespräch erfahren. In dem Moment als sie merken, dass wir sie fotografieren, lachen sie und stellen sich mit ihrer schweren eiskalten Last für uns in Pose. Beeindruckt und fasziniert fotografieren und filmen wir, was sie sichtlich freut und stolz sein lässt.

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Nachdem wir den Jungs ausgiebig bei ihrer eiskalten Schlepparbeit zugesehen haben stärken wir uns im Mercado del Puerto. Das ist eine schöne alte Markthalle mit einer Eisen-Glaskonstruktion, in der heute zahlreiche Grill-Restaurants landestypische Speisen anbieten. Was da so alles auf dem Feuer liegt – Würste und Fleisch der unterschiedlichsten Art. Wir probieren Morcilla (süße Blutwurst) und Chorizco, Provelone (gegrillter Käse) und ein hervorragendes Stück entraña (Steak), in einem Lokal, dass offensichtlich von vielen Stammgästen und weniger Touristen besucht ist. Eine urige Markthallenatmosphäre!

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Nach dem Essen spazieren wir durch die Innenstadt – es gibt viele schöne alte Häuser die schon bessere Zeiten erlebt haben; reichlich Graffittis und eine eher langweilige Fußgängerzone.

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Das Museum für zeitgenössische Kunst finden wir erst auf den zweiten Blick nach einigem Fragen, es versteckt sich in der 2. Etage eines alten Geschäftshauses. Klein, aber fein – die Ausstellung von Collagen und Malerei eines Künstlers (Humberto Tomeo) aus der Mitte des letzten Jahrhunderts gefällt uns. Dann möchte ich noch das Museum für Moderne Kunst sehen, das liegt allerdings ein wenig abseits in einem Park. Mit Roller und Taxi kommen wir hin, ein typischer 60er Jahre (Beton-Bau) mit einer gemischten Sammlung, die uns eher enttäuscht, da hatte ich Aufregenderes erhofft.

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Um 18 Uhr ist´s dunkel und wir machen uns auf den Rückweg. Wir haben noch Gäste heute Abend, mal wieder volles Programm.  Bevor wir weiterreisen haben wir an unserem letzten Abend Werner und Emmy zu uns an Bord eingeladen; wir kommen zwar erst um 21.30 Uhr wieder zurück, doch es wird auch dann noch ein netter Abend. Emmy bringt uns Kostproben vom selbstgemachten Schinken mit – echt lecker!! und verrät mir auch noch wie man es macht. Um Mitternacht bekomme ich von Werner, ein Physiotherapeut, sogar noch eine Massage, die meine schmerzenden Halsmuskeln sehr gut entspannt.  Wie schon so oft auf dieser Reise haben wir hier mal wieder in kurzer Zeit Menschen kennengelernt, die offen, spontan und sehr hilfsbereit sind. Solche Begegnungen sind eine besondere Qualität unseres Seglerlebens.
 
Nach drei Tagen im Hafen von Piriapolis verlassen wir Uruguay und nehmen Kurs auf Argentinien. Wir zögern, aber nein wir wollen noch nicht nach Buenos Aires – so plötzlich, nach 10 Monaten ankommen? Wir brauchen erst einen kleinen stilleren Hafen, indem wir für uns allein dies unglaubliche Ziel Argentinien realisieren. So heißt unser Ziel La Plata.

26. Bericht: Ubatuba bis Pinheiro (3.- 14.5.12)

Freitag, Juni 15th, 2012

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Donnerstag (3.5.) kurz vor sieben gehen wir Anker auf in Ubatuba, unser Ziel ist Florianópolis, ein weiterer Meilenstein 340 Meilen weiter auf unserem Weg nach Süden. Die ersten zehn Stunden haben wir nur schwachen Wind aus Nordwest, danach setzt ein guter Wind (4-5Bft.) aus Südost ein und wir können endlich ohne Motor segeln. Eine erste Schauerböe am Abend bringt Regen, den Jens noch nur mit Öljacke und nackten Beinen abwettert. Ich dagegen trete meine Wache um Mitternacht seit Monaten zum ersten Mal mit vollem Ölzeug an. Die Nacht ist feucht und dunkel, mit verhangenem Himmel.

Morgens (4.5.) um 6 schläft der Wind ein und wir motoren wieder. Wir versuchen den kleinsten Mittagswind zu nutzten, doch er reicht nicht, die Segel schlagen und voran kommen wir nur mit Motor. Lief der Motor am ersten Tag acht Stunden, sind es am zweiten Tag schon doppelt so viele. In der zweiten Nacht haben wir einen wunderbar klaren Sternenhimmel, aber leider auch totale Windstille.

In den frühen Morgenstunden (5.5.) versackt der Motor plötzlich, verliert Drehzahl, es klingt als nähme jemand das Gas weg, aber niemand hat den Gashebel berührt. Und dann oh Schreck – geht er aus. Stille und das 70sm vor der Küste. Jens hört es schon im (Halb)Schlaf und steht auf. Statt Freiwache und Schlafen ist jetzt Motorreparatur angesagt. Wo liegt der Fehler? Ruhig und überlegt checkt er mögliche Ursachen. Filter verstopft? Nein, der sieht gut aus. Luft in der Leitung? Ja, beim Entlüften stellt er fest, dass die Entlüftungsschraube auf dem Kraftstofffilter nicht mehr richtig fest ist. Wir entlüften die Leitung und nach einer halben Stunde läuft der Motor wieder, zum Glück! Dann mittags, 40 sm vor der Küste, geht er wieder aus. Wir entlüften wieder, doch diesmal reißt die Schraube ab, oh je, was nun. Jens klebt sie mit loctite wieder ein und der Motor läuft wieder! Doch wie lange hält er diesmal durch? Immer wieder lässt die Drehzahl nach. Wir beschließen den nächstmöglichen Hafen anzulaufen. In Porto Belo kann man im Dunkeln und im Zweifelsfall auch ohne Motor einlaufen, eine große Bucht ohne Felsen und Untiefen.

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Nachts um zwei (6.5.) haben wir es dann geschafft, zwischen einigen Fischerbooten fällt der Anker. Noch knapp 40sm bis Florianópolis, aber 300 Seemeilen haben wir immerhin geschafft, mit  52 Motorstunden und nur 17 Stunden unter Segeln, so´ne Flaute. 

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Am Montag (7.5.) fahren zum Tanken in die Marina, viele teure Motoryachten und einige große brasilianische Segelyachten liegen fest verpackt zum Überwintern. Für uns gibt’s hier keinen Platz. Als Gast dürfen wir jedoch eine Nacht kostenfrei an der Außenseite des Steges festmachen. Das vereinfacht den notwendigen Besuch eines Mechanikers. Die hilfsbereite Dame im Büro der Marina telefoniert und  kaum 30 Minuten später war er an Bord. Am nächsten Tag brachte er eine passende Entlüftungsschraube, die mit loctite geklebte nehmen wir lieber nur als Ersatz. Außerdem füllen wir hier unsere Wassertanks auf und wir nutzen `Wasser satt´ für einen großen Hausputz (alle Bodenbretter werden ausgebaut und auf dem Steg geschrubbt).

Ein norwegischer Einhandsegler, der neben uns ankert und ähnliche Probleme mit seinem Motor hat, hilft Jens vormittags beim Ausbohren der alten abgebrochenen Schraube. Anschließend wurden noch fast alle Schlauchschellen der Dieselleitung verdoppelt und nachgezogen (eine an der Dieselpumpe war auch etwas locker), die Dieselpumpe ausgebaut, getestet und für o.k. befunden und dann die neue Schraube eingesetzt und entlüftet. Der Motor läuft danach wieder. Eine andere Ursache könnte ein zu leerer Tank gewesen sein, er fasst angeblich 110 Liter und wir haben immerhin 90 Liter getankt. Wenn das Schiff dann in der Dünung heftig rollt, kann schon mal Luft in den Ansaugstutzen geraten. Das Thema beschäftigt uns einige Tage.

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Porto Belo hat nicht  viel zu bieten, aber der Ort hat ein wunderbares Café, Doña Maria, mit eigener Konditorei. Wir werden Stammgäste, wenn auch nur für drei Tage und kosten die super leckeren Torten durch, dazu den besten Cappuccino Brasiliens. Wir finden heraus, dass der Besitzer deutsche Vorfahren hat – na, da liegt es doch nahe, dass hier noch deutsche Backtraditionen in den Torten nachwirken.

Mit neuer Entlüftungsschraube und vollen Tanks machen wir uns am Donnerstag (10.5.) auf nach Florianópolis. Mittags können wir den Spinnaker setzen und machen prächtige Fahrt. Als der Wind weiter aufbrist und wir schließlich mit 7 Knoten zwischen Festland und der Ilha de Santa Catarina dahin rauschen, wird es höchste Zeit den Spi (ein Leichtwindsegel) zu bergen. Mit der Genua geht’s dann weiter vor dem Wind bis zu den Brücken.

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Die ältere aus den 20er Jahren ist mit ihren zwei 75m hohen Türmen die höchste Hängebrücke Brasiliens. Seit den 70er Jahren ist sie ungenutzt und eine neue 500 Meter lange Brücke führt vom Festland zur Insel herüber. Mit nur 17 Meter Durchfahrtshöhe ist die neuere Brücke eine Barriere für diverse Schiffe. Wir passen mit unserer Masthöhe von 15,30 Metern gut durch. Ist trotzdem spannend drunter her zu fahren, insbesondere bei Wind, starker Strömung und Gegenverkehr. Bei 5 Windstärken suchen wir uns direkt hinter der Brücke vor der (vollen) Marina einen Ankerplatz. Wir bleiben den Rest des Tages an Bord und machen es uns zum Sonnenuntergang mit Aussicht auf ein paar schöne Felsen gemütlich.  

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Freitag (11.5.) ziehen wir nach frühem Aufstehen los in die Stadt Florianópolis. Es ist noch einiges zu erledigen, vor unserer letzten größeren Etappe. Beim Schiffsausrüster in der Marina finden wir mit Glück ein passendes Stück Dieselleitung, kaufen Schlauchschellen und Petroleum.

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In der Stadt machen wir die übliche Runde: Internetshop für Wetterbericht und Emailcheck, Einkaufen und endlich finden wir auch eine lange gesuchte Schwimmleine, beim Fischereibedarf in der alten Markthalle. Unsere Ausrüstung wird immer vollständiger, aber sie wird nie komplett sein. Und wo ist hier ein Briefkasten? Na endlich kommen unsere Postkarten aus Parati auf den Weg. Zwischendrin ein leckeres Mittagessen in einem Bio-Kg-Restaurant, echt lecker!

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Samstag (12.5.) fahren wir weiter nach Pinheiro, früh um 06.30 Uhr, denn es soll Südwest-Wind (für uns Gegenwind) kommen, gehen wir Anker auf. Wir bedauern keine Zeit für einen Ausflug auf die Ilha de Santa Catarina zu haben, denn diese große Insel steht fast zur Hälfte unter Naturschutz und ihre über 40 Strände werden als paradiesisch gepriesen. Zum Glück haben wir ja schon ein paar paradiesische Inseln erlebt. Am Südausgang des Kanals kommt ein kräftiger Wind (4-5Bft.) auf, so dass wir schnell die Segel setzten und die letzten Meilen bis Pinheiro segeln. Wir kreuzen auf bis wir neben den Fischerbooten den Anker fallen lassen.

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Hier in der Bucht von Pinheiro ist es wunderbar. Wir liegen vor einem sehr schönen Strand mit Sanddünen auf 5m Wassertiefe, sind die einzige Segelyacht und haben eine herrlichen Rundumblick. Es ist noch früh am Tag (erst 11 Uhr) und so paddeln wir gleich an Land. Eine kleine Herausforderung  gegen 5-6 Bft. von vorne anzupaddeln. Aber geschafft und an einer etwas seichteren Stelle auch trocken angelandet. Seit eine Ruderdolle gebrochen ist,  paddeln wir immer zu zweit, jeder mit einem Stechpaddel. Wir tragen das Dinghi hoch über den breiten Strand und sichern es mit einem Stück Ankerkette an einem Laternenpfahl.

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Auch hier ist es zu merken, wir sind jetzt auf unserer Reise offensichtlich im Spätherbst angekommen. Die wenigen Strandlokale sind geschlossen und keine Touristen zu sehen. Der Strand ist Lebens- und Arbeitsraum der Fischer und ab und an fährt jemand mit seinem Fahrrad  am Wasser vorbei zur Stadt.

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Eine herrliche Atmosphäre: offene Fischerboote auf dem Strand und zwischen ihnen zahlreiche Holztische mit einem großen Loch in der Mitte. Scheint so, als ob hier der Fisch direkt ausgenommen und verkauft wird. Das sehen wir in diesen Tagen allerdings nie, die Fischer warten wohl ebenso wie wir auf besseres Wetter und sind mit Reparaturarbeiten beschäftigt.

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Im Internetshop am Ortsrand sind wir neben den spielenden Kids die einzigen Besucher. Wie schön, der Wetterbericht lässt auf passendes Wetter in der kommenden Woche hoffen.

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Das ist wichtig, denn vor uns liegt die ‚Biskaya’ des Südatlantik und wir brauchen jetzt ein Wetterfenster, dass uns mindestens 4 bis 5 Tage Wind aus nördlichen Richtungen verspricht. Auf einer Strecke von 350 sm, bis Rio Grande, gibt es keinen Hafen und keine Ankermöglichkeiten. Danach dann 200 sm bis La Paloma, dem ersten Hafen in Uruguay, noch mal dieselbe Geschichte.  Und zu dieser Jahreszeit kommt fast jede Woche eine Kaltfront mit Starkwind oder Sturm aus S – SW durch.  (Noch in Porto Belo hatte uns unser norwegischer Nachbar erzählt, dass er aufgrund des einsetzenden stürmischen Südwindes vor Rio Grande die gesamten 350 sm nach Porto Belo wieder zurücksegelte, weil er dort wegen seinem Motordefekt nicht einlaufen konnte). Auch der Cruising Pilot (Seehandbuch) macht mit seinen kurzen Zeilen zu diesem 550 sm (1000 km) langen Küstenabschnitt wenig Mut.

Zitat: “This is an hazardous coast as far as navigation is concerned. Haze and fog is not uncommon and the winds are also a big concern. The following pattern is observed: a NE flow starts weak and gain strength gradually, lasting 3-5 days. When strong and backing it announces the arrival of a PAMPEIRO; a sudden and very strong SW wind.

Sometimes after the SW blows, a strong SE wind called CARPINTEIRO comes. This can reach quickly gale force and rise a very rough sea while creating a dangerous inshore setting current that can be a real threat even to big ships, not to mention a small yacht!

Numerous yachts have been driven ashore by the CARPINTEIRO along the coast in the past years. It is recommended to set a course of 50 to 100 miles offshore to be safe.”

Nun ist es also vorbei mit den angenehmen Segelbedingungen in Brasilien. Der geneigte Segler mag sich vorstellen, dass des Skippers Schlaf in den frühen Morgenstunden etwas unruhig wird und sich eine innere Anspannung ausbreitet. Immer wieder werden diverse Wetterberichte verschiedenster Anbieter aus dem Internet runtergeladen und als wichtigstes Tagesgeschehen mehrfach von vorne und hinten studiert.

Als wir vom Strand und unserer kleinen Ortsbegehung zurück zum Dinghi kommen, spricht uns ein Mann an und erzählt lachend, dass sein Hund gut auf unser Dinghi aufgepasst hätte. Wir kommen mit Juarez, der aus dem geschlossenen Strandbistro nebenan kommt, ins Gespräch. Er erzählt uns, dass er Vorsitzender der Fischervereinigung ist, deutsche Großeltern hatte und einen Freund in Spanien hat. Im Sommer (November bis März) betreibt er mit seiner Frau das kleine Restaurant „Moby Dick“.

Um die Bedürfnisse von Seeleuten wissend, bietet er uns an Wasser zu nehmen oder sogar Wäsche bei ihm zu waschen. Und die Lady könne auch gern bei ihnen duschen. Wir freuen uns und nehmen die Einladung am nächsten Tag auf einen Kaffee wieder zu kommen gerne an.

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Bevor wir am Sonntag (13.5.) an Land paddeln, stehen erst einmal Arbeiten am Schiff an. Ich kurble Jens zur Riggkontrolle den Mast hoch, alle Wanten, Fallen, Terminals, Püttinge und das Achterstag werden geprüft, alles in Ordnung. 

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Unser Dinghi hat nun seinen festen und bewachten Platz an Juarez Laternenpfahl. Wir besuchen ihn und er weiß uns einiges über Wind und Wetter an der Küste hier zu erzählen. Er bestätigt den Abstand von 50-70 sm zur Küste, dort wäre auch die Strömung am günstigsten (läuft meistens mit dem Wind). Er spricht Spanisch, was unserem Verständnis sehr zugute kommt.

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Ich nutze die Open-Air-Dusche vor dem Haus. Mutig -denn die Sonne neigt sich schon und der Wind macht´s kühl- gehe ich dann im Bikini unter die kalte Dusche, die ganz witzig an ein senkrecht aufgestelltes Surfbrett montiert ist. Die Überwindung lohnt, frisch gewaschen fühlt sich einfach gut an und die Lust auf unsere Vordecksduschen hat in den letzten, immer kühler werdenden Tagen merklich abgenommen.

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Weitere Arbeiten am Schiff sind zu tun. Am Montag (14.5.) geht Jens tauchen, das Unterwasserschiff reinigen. Diesmal (im Gegensatz zu dem, was auf Ilha Grande runterkam) ist´s nur ein grüner Algenbewuchs, der etwas schneller zu entfernen ist. Ist auch gut so, das Wasser hat zwar noch rund 21 Grad,  aber nachts war es nur 12 Grad, die Luft ist kühl, und das Arbeiten im Wasser nicht mehr so angenehm. Neue Fockschoten werden eingeschoren und wir befestigen unsere neue 50m-Schwimmleine an Rettungskragen und Heckkorb, so dass im Notfall (wenn man den Rettungskragen dem Überbordgegangenen nachwirft) noch eine Leinenverbindung zum Schiff besteht.

Dann geht’s mit schmutziger Wäsche und Kanistern an Land. Während wir zur Tankstelle am Ortsrand Diesel kaufen gehen, steckt Juarez Frau unsere Wäsche in die Maschine. Die Beiden sind wirklich sehr freundlich und helfen ohne viele Worte. Mit bretonischen Butterkeksen und einem Faltblatt bedanken wir uns.

Das Wetter sieht gut aus! Für die ganze Woche wird kräftiger Wind aus NE vorhergesagt und so wollen wir Morgen früh auslaufen. Wenn das Wetter so stabil bleibt, fahren wir direkt nach La Paloma, wenn es sich ändert nach Rio Grande, mal sehen wie es läuft…

25. Bericht: Rio de Janeiro bis Ubatuba (22.4.-2.5.12)

Samstag, Juni 9th, 2012

Sonntagabend ist es so weit. Nach dem Abendessen gehen wir um 21 Uhr Anker auf und nehmen Abschied vom Zuckerhut. Die Wettervorhersage ist nicht optimal, aber es soll ein wenig Nordwind kommen. Erst mal motoren wir ohne Wind los, nach einer Stunde gibt’s dann einen schwachen Nordwind und wir setzten Segel. Doch auch mit Motor und Segeln kommen wir nur langsam voran und sehen noch stundenlang die Lichter von Rios beleuchteter Küste. Am Cabo Guaratiba machen wir nur noch 1,7 Knoten Fahrt über Grund, da haben wir fast 2 Knoten Strömung gegenan, au weh! Wir werden immer langsamer. Außerdem ist unser Unterwasserschiff so bewachsen wie nie. Man hatte uns schon gewarnt vor dem dreckigen Wasser von Rio. Nach nur zwei Wochen hatten wir eine 1-1,5  cm dicke weißbraune Kruste auf dem Rumpf.

Unsere Ankunft auf der Ilha Grande hatten wir (spätestens!) zum Sonnenuntergang gedacht, aber nun ist es dunkel als wir endlich vor Abraão den Anker werfen. Im Gegenlicht der Ortsbeleuchtung suchen wir uns einen freien Ankerplatz im sicheren Abstand von den anderen nur schemenhaft erkennbaren Ankerliegern. Um halb Acht liegen wir endlich vor Anker; Puuhh – wir haben für die 60 sm nicht 12 oder 14 Stunden, sondern 22 Std. gebraucht! Das ist unser geringstes Etmal (sm pro 24 Stunden) der gesamten Reise.

Nach 10 Stunden Schlaf beginnen wir am nächsten Morgen unser Tagwerk. Unterwasserschiff reinigen ist das Wichtigste, das hatten wir für diesen Aufenthalt im sauberen Wasser der Ilha Grande schon geplant. Zunächst baut Jens Werkzeuge zum Abkratzen des Bewuchses vom Rumpf: Selbstgemachte, breite Holzschaber, einer  wird an den Bootshaken geschraubt und mit ihm beginne ich vom Dinghi aus den Rumpf frei zu kratzen, soweit ich komme.

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Jens kratzt dann tauchend die tiefer liegenden Rumpfpartien ab. Eine ziemlich sportliche Angelegenheit! Der helle Muschelkalkbewuchs geht leichter ab als befürchtet. Die zentimeterdicke Schicht löst sich in staubartigen Wolken auf, so dass Jens kaum etwas sieht, wenn ich oben kratze, soviel kommt da runter.

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Also arbeiten wir an unterschiedlichen Seiten. Als Jens nach einer Dreiviertelstunde Tauchen durchgefroren wieder an Deck kommt, krabbeln zig winzige krabbenartige Tierchen auf seiner Haut (Krakas, wie wir später erfahren). Schnell unter die Decksdusche und nen heißen Tee. Auf diese Weise reinigen wir am ersten Tag eine und am nächsten Tag die zweite Seite des Rumpfes. Kein Wunder, dass wir bei dieser rauen Rumpfoberfläche kaum Fahrt gemacht haben.

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Zwischendurch bekommen wir Besuch. In der Ankerbucht treffen wir zahlreiche alte Bekannte wieder. Die SY Runaway (Schweden), SY Orca (Deutsch-Schwedisch), SY Marty Mc Fly(Schweiz) und SY Aldo (Spanien-Neuseeland) sind bereits da und unsere Freunde von der SY Santana (Holland) kommen am zweiten Tag an. Udo und Ann von der Orca haben wir am längsten nicht gesehen, sie reisten nach Jens Geburtstagsfeier in Guarapari als erste ab, denn sie wollten möglichst schnell her zur Ilha Grande, da sie hier mit Besuch aus der Heimat verabredet waren. Brigitta von der Runaway kommt zur Begrüßung aus der hintersten Ecke der Ankerbucht zu uns herüber gerudert. Schön sie alle hier wieder zu treffen, denn dies ist nun die letzte gemeinsame Station unserer Reise. Das Region um die Ilha Grande mit 365 Inseln ist ein Ferienparadies und ein beliebtes Revier für viele Segler. Die anderen haben hier Monate eingeplant.

Bei unserem Wiedersehen gibt’s gleich eine Menge News und ein nützlichen Tipp, wo wir gutes, von den anderen bereits getestetes Quellwasser bekommen. Das freut uns ganz besonders und wir rudern gleich zwei Mal mit dem Dinghi und allen Kanistern zur Quelle und holen 80 Liter leckeres Trinkwasser.

An der Quelle lernen wir Victor aus Argentinien kennen, einen Segler, der mit seinem kleinen Boot (21 Fuß) vor einigen Jahren aus Buenos Aires hierher segelte (immerhin 1200 sm Atlantik)). Wir tauschen uns aus und Victor bietet an, abends gemeinsam im „Biergarten“ essen zu gehen; wir stimmen zu, denn von ihm könnten wir vielleicht nützliche Informationen bekommen, denn wir haben schließlich noch keine Vorstellung, wo wir Chiloë in Buenos Aires lassen. Nach einer Stunde Internetcafe treffen wir mit Victor zusammen.  

Auch wenn der Name uns misstrauisch machte, der „Biergarten“ erweist sich als ein hervorragendes Kilo-Restaurant. Wir essen lecker und fragen Victor über Liegeplätze in Buenos Aires aus, er empfiehlt uns seinen kleinen Yachtclub in Tigre. Außerdem wollen wir über seine Erfahrungen der uns noch bevorstehenden Strecke nach Argentinien hören. Denn immerhin haben wir noch rund 1200 sm und Herbststürme vor uns. Die größte Etappe von Brasilien nach Uruguay (550sm), die wir nur nonstop fahren können, macht uns schon besondere Sorgen. Victor antwortet schließlich auf unsere Fragen mit zwei sehr kurzen Gegenfragen: habt ihr einen guten Motor? Habt ihr Geld, um Diesel kaufen zu können? Dann ist es kein Problem von hier nach Buenos Aires zu kommen! Eine Auskunft, die uns zumindest eine gewisse Sicherheit vermittelt.

Nach zwei Tagen drehen wir am Donnerstagmorgen (26.4.), eine Abschiedsrunde vorbei an den befreundeten Ankerliegern. Die Santana und die Orca reisen auch weiter nach Süden, sie wollen im Juli nach Buenos Aires kommen und so werden wir sie voraussichtlich dort Wiedersehen. Parati ist unser nächstes Ziel, ein besonders schönes  historisches Städtchen mit Weltkulturerbe-Status. Wir brauchen eine Tankstelle und dazu wählen wir dieses zugleich auch attraktive Ziel aus. Nach 9 Stunden (nur 1 Stunde davon ohne Motor) kommen wir gerade noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang an der Tankstelle in Parati an. Kurz danach bekommen wir bei unserer Suche nach einem Ankerplatz nochmal richtig Wind. Bei Schauerböen mit 6 Bft. aus Südwest ankern wir bald an einem Platz, der uns die beste Landabdeckung gibt. Der Südwestwind kommt wie so oft ein wenig früher als vorhergesagt, aber wir haben das Wetterfenster (vor dem SW) ja gut genutzt und sind gerade rechtzeitig angekommen.

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Am nächsten Tag (27.4.) erkunden wir Parati. Dinghi aufblasen und an Land paddeln. Doch wo sind wir da gelandet? – an einer Marina (Pier 46), die 100 Real !! (ca. 50 € ) fürs ‚parken‘ des Dinghis haben will. Ein schlechter Witz, also nichts wie weg hier. Am Privatgrundstück nebenan erlaubt uns ein freundlicher Gärtner, unser Dinghi auf die Wiese zu legen (kostenlos), kein Thema, so geht’s auch. Per Mitfahrgelegenheit kommen wir schnell ins Zentrum.

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Unser Stadtbummel beginnt bei Regen, doch später ist´s trocken und die Sonne lässt sich sogar mal blicken. Wir genießen noch einmal (bald ist das vorbei) die leckeren frischen Säfte Brasiliens – Acai, hatten wir noch nicht – das sind ´ne Art Blaubeeren wie wir rausfinden, sehr lecker.  

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Die Saison ist vorbei, es spazieren nur wenig Menschen durch die kleinen mit uralten unregelmäßigen  Kopfsteinen gepflasterten Gassen des malerischen Kolonialstädtchens. Mit Ouro Preto (in Minais Gerais) zählt es zu den wenigen gut erhalten Orten historischer Architektur. Die einstöckigen Häuser mit ihren bunten Fenster- und Türrahmen erinnern uns ein bisschen an dänische Ortschaften, nur dass hier statt Stockrosen andere Pflanzen aus den Steinfugen wachsen.

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Auf Grund seiner geschützten Lage, wurde Parati im 17. Jahrhundert zu einem der zwei Endpunkte der Estrada Real, einem alten Handelsweg, auf dem das Gold von Minas Gerais zum Verschiffen ans Meer transportiert wurde. Schön, dass wir nun auch diesen Orte der historischen Route kennen. Bei Einbruch der Dunkelheit sind wir (wie meistens) mit zwei Rücksäcken voller Lebensmittel zurück an Bord.

Am nächsten Morgen (28.4.) stehen wir um 7 Uhr auf, denn wir wollen früh los. Für den Abend ist Nordwind angekündigt und so nutzen wir den Tag, um uns noch ein paar romantisch beschriebene  Plätze in den benachbarten Buchten anzusehen. Um 11 Uhr haben wir einen ersten Ankerplatz vor der Ilha Coti erreicht – wow, ja das ist wirklich traumhaft schön. Stilles Wasser, ein paar runde Felsen und Küstenregenwald bis ans Wasser, eine kleine Lichtung zum Anlanden. 

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Gerade mal 10 Minuten haben wir die Einsamkeit genossen, da kommt ein Motorbötchen angefahren und bietet uns Langusten an. Wir lehnen ab, er fährt zum winzigen Strand und wartet. Worauf nur? Nach weiteren 10 Minuten rudern wir trotzdem an Land, mal schauen, was es zu sehen gibt. Nicht viel! Auf einem Pfad queren wir die Insel in 2 Minuten, um festzustellen, dass unsere Seite die attraktivere ist.

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Wir kehren um, doch da ist´s schon vorbei mit Romantik und Einsamkeit. Inzwischen liegen um Chiloë herum 6 Motoryachten und ein Segelboot. Drei große Motoryachten liegen im Päckchen und treffen sich hier, mit Jetski und Wasserski ausgerüstet, zum geselligen Wochenendvergnügen wie die Brasilianer es lieben, fröhlich, laut und dicht beieinander.

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Für uns heißt das: Anker auf und weiter, unsere deutsche Romantik sieht anders aus. Also fahren wir in die nächste Bucht, die Saco do Mamanguá. Fjordartige Verzweigungen und Berge – eine schöne Landschaft. Wir suchen uns einen ruhigen Ankerplatz mit Sonne und rudern noch einmal an den kleinen Strand, bevor wir uns um 17 Uhr dann endgültig Richtung Ilha Bella aufmachen; mal wieder unter Motor.

Der angekündigte Nordost Wind setzt gegen 22 Uhr ein und endlich können wir den Motor ausmachen. Kaum eine halbe Stunde später fällt das Barometer so stark, dass es laut piept und damit eine Sturmwarnung signalisiert. Gerade segeln wir mit wunderbaren 5-6 Bft. vor dem Wind, aber die Wetterlage lässt befürchten, dass die nächste Kaltfront schneller kommt als angesagt und vor allem als uns lieb ist. Wir ändern den Kurs auf den nächstmöglichen Hafen, das ist Ubatuba. Jens weckt mich um 23 Uhr zu meiner Wache, bleibt aber wach, es sind nur noch 16 sm bis dahin. Doch schon dreht der Wind auf West und flaut noch etwas ab. Wir müssen kreuzen und es dauert länger als gedacht. Der Wind flaut weiter ab und wir motoren wieder. Doch dann, knapp 2 Meilen vor dem Ziel, kriegen wir die erste fette Schauerböe mit 8 Bft. und heftigem Regen auf die Mütze. Gegen eine kurze, steile See, die sich sehr schnell aufgebaut hat, kämpfen wir uns langsam in die Bucht hinein. In vollem Ölzeug mit Südwester, Gischt und Regen mitten ins Gesicht, steuern wir von Hand, um den Bug im Wind zu halten („waren wir heute Morgen wirklich noch in einer paradiesisch ruhigen, sonnigen Ankerbucht…??‘). Um 4.00 Uhr lassen wir endlich vor dem Strand von Ubatuba unseren Anker fallen. Puh – geschafft! Jetzt ist der Wind wieder weg, aber es regnet noch. Raus aus dem Ölzeug und rein in den Salon. Diesmal waren wir etwas zu spät dran für das Wetterfenster (hätten uns den letzten Strand sparen sollen). Aber, wie schon öfter, kam die Front mit dem SW Wind früher als der Wetterbericht angekündigt hatte (diesmal ganze 12 Std.!). Darauf mixen wir uns noch einen Mojito als Absacker, bevor wir um halb fünf müde in die Koje fallen.


Ausgeschlafen gibt’s ein sonntäglichen Brunch am 29.4.und ne Kurzmeldung an die Familie. Ohne Lust auf Stadt (Ubatuba), gehen wir nachmittags gleich wieder Anker auf und fahren nochmal 9 sm weiter zur Ilha Anchietta (auch Ilha dos Porcos genannt), eine Natur-pur-Ankerbucht in einem kleinen Nationalpark, und wir sind die einzige Yacht! Diesmal beginnt der Regen erst nachdem der Anker kurz vor Sonnenuntergang gefallen ist, doch dafür regnet es jetzt ohne Ende.

Wir verbringen den ganzen Montag (30.4.) bei Regen unter Deck mit Fotos sortieren, schreiben, Brot backen und Linsensuppe kochen. Jens geht nur kurz an Deck um eine kurzentschlossen improvisierte Plane zum Sammeln einiger Liter Regenwasser aufzuspannen. Tagsüber mit dicken Wollsocken und Leggins unter Deck! – das hatten wir schon seit den Kanaren (November) nicht mehr und deshalb frieren wir auch trotz allem schon bei 21,4 Grad. Nachts hört der Regen nach 30 Stunden endlich auf.

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Am nächsten Morgen paddeln wir an Land. Wir brauchen etwas Auslauf und die unbewohnte Insel, ein Naturschutzgebiet, reizt uns. Außerdem wollen wir sehen, ob wir auf die andere Seite der Insel kommen, um nach Süden auf´s Meer nach Wind und Wellen zu schauen. Denn wir liegen geschützt hinterm Berg in einer hufeisenförmigen, nach Norden offenen Bucht. Wir laufen fast den ganzen Strand entlang, bevor wir einen markierten Pfad durch den Regenwald finden. Ohne ihn ist nirgends ein Durchkommen.

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Länger als gedacht führt uns der Trail quer über die Insel zu einer kleinen Bucht, der Praia do Sol. Unerwartet stoßen wir hier auf ein paar Fischer, die ebenfalls an diesem Tag an Land bleiben und arbeiten.

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Sie laden uns zu einem Cafe ein und Jens versucht mit unserer Mischung aus ein paar Worten Portugiesisch und Spanisch ein Gespräch übers Wetter und über Fische. Für nur 5 Real, die wir gerade noch in unserer Tasche finden bekommen wir tatsächlich ein paar Fischfilets von ihnen. Auf dem Rückweg kommen wir am ehemaligen Gefängnis vorbei, eine große Anlage, die teilweise Ruine und Museum ist und zum anderen Teil von den Naturschutzbehörden genutzt wird.

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Was ist das ?? Unerwartet stoßen wir auf ein Rudel seltsamer Tiere. So was haben wir noch nie gesehen. Fast so groß wie Wildschweine, aber offenbar ganz zahm – die einzigen wahren Inselbewohner, ach ja – daher der Inselname ´Ilha dos Porcos`.  Die Vierbeiner sind Capyvaras. Diese größte Nagetierart der Welt lebt an Land und im seichten Wasser und ist (lt. Lexikon) verwandt mit Flusspferden und Meerschweinchen.

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Nachmittags gehen wir Anker auf und fahren bei 6 Bft. WSW rüber zum Festland, in die Enseada do Flamengo, eine weitere Bucht von Ubatuba. Hier warten wir weiter auf passendes Wetter für unsere nächste größere Strecke und können die dafür nötigen Einkäufe machen. Wir finden sogar ein Internetcafe in Hafennähe, vor unserer nächsten Seestrecke soll noch ein Bericht ins Netz und mein Reiseprogramm Basel versendet werden. Wir arbeiten bis Nachts um 1 Uhr, um am nächsten Vormittag alles auf dem Stick parat zu haben.

Mittwoch (2.5.) Nach Einkauf und Internetcafe kommen wir am frühen Nachmittag zurück an Bord, noch immer ist SW Wind (klar, der richtige Wind kommt nicht früher, sondern später als angesagt). Als es dann wenig später auch noch zu regnen beginnt, verschieben wir unsere Abfahrt auf den nächsten Morgen. Mit Frikadellen braten und Vorkochen von Hühnergeschnetzeltem habe ich ohnedies noch etwas länger zu tun und Jens fühlt sich leicht angeschlagen (Erkältung). Also Kochen und früh ins Bett, am nächsten Morgen soll´s bei Tagesanbruch los gehen.

24. Bericht: Landausflug nach Belo Horizonte (12.- 19. 04.12)

Samstag, Juni 2nd, 2012

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Donnerstag (12.4.12)
500 km in eineinviertel Stunden – so schnell sind wir schon lange nicht mehr gereist! Wir freuen uns auf brasilianisches Familienleben und sind gespannt ein Stück Binnenland von Brasilien kennenzulernen. Thomas Lehmann, ein gebürtiger Essener, erwartet uns am Flughafen in Belo Horizonte. Schon im Auto gibt es viel zu erzählen (auf deutsch!) und wir schauen neugierig auf die sanfte Hügellandschaft und die moderne Großstadt. Nach eineinhalb Stunden Autofahrt haben wir die Stadt durchquert und kommen im Süden von Belo am neuen Haus unserer Gastgeber an.

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Wow, moderne Architektur vom Feinsten, das hatten wir nicht erwartet. Wir wohnen im Gästezimmer auf der untersten Etage des 3-stöckigen Hauses am Steilhang. Eine große Terrasse mit Churrasco-Bar, Pool und Panoramablick über die Stadt direkt vor der Tür. Thomas brasilianische Ehefrau Luciana und die fünfzehnjährige Tochter Deborah empfangen uns herzlich und bei einem leckeren Abendbrot erzählen wir von unserer Reise und sie vom Leben in Brasilien.  

Freitag (13.4.)
Als erstes genießen wir ein unmittelbar funktionierendes, stabiles Internet zu haben und stürzen uns auf die Arbeit an unseren Rechnern (Bankauszüge, bürokratische Mails, Fotos sortieren und mein nächstes Programm für die Studienreise nach Basel). Außerdem freuen wir uns, hier komfortabel unsere Wäsche waschen zu können (davon haben wir reichlich mitgebracht), denn Waschsalons sind in Brasilien nicht immer leicht zu finden und Wäschewaschen damit ein zeitaufwendiges Thema. Während Jens aus mehreren tausend Bildern (von 3 Kameras) eine erste Auswahl unserer Reisebilder zusammenstellt, fährt Luciana dann nachmittags mit mir zur Markthalle. Ich bin interessiert Namen und Zubereitung einiger mir noch unbekannt geblieben Früchte und Gemüse kennenzulernen. Glücklich kommen wir mit einem kleinen Sortiment nach Hause, wo Thomas ein feines Churrasco zubereitet an das wir noch immer sehnsüchtig denken. Fleisch wird in Brasilien ganz anders geteilt und zubereitet als wir es kennen, köstlich!!    

Für das Wochenende werden zwei Ausflüge in die Umgebung geplant, damit wir etwas von der Schönheit des Staates Minas Gerais ( Allgemeine Mienen) erleben können. Thomas ist Projektleiter für den Bau modernster Hochöfen und so gibt es durchaus eine Verbindung zum Ruhrgebiet.

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Samstag (14.4.) fahren wir mit Thomas und Luciana nach Ouro Preto (schwarzes Gold), ein im 18. Jahrhundert entstandenes Goldgräber Städtchen, das aus dieser Zeit eine Fülle barocker Kirchen besitzt und noch heute ein sehr koloniales Aussehen hat. Für diese homogenste und umfangreichste barocke Kunst- und Architektursammlung in Brasilien wurde Ouro Preto schon 1980 zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt. Heute lebt dieser Ort zu 80% vom einfachen Bergbau und ist zu dem ein touristisches Ziel. Es wird besonders gern von brasilianischen Studenten besucht, die hierher zum Feiern anreisen. Denn viele der historischen Kolonialhäuser stehen ihnen als sogenannte Repúblicas (WG-Wohnräume) gratis zur Verfügung. Wir bummeln durch den Ort und finden mittags ein nettes Kilo-Restaurant (man zahlt das Essen nach Gewicht). Dort probieren wir vorsichtig das typische Samstagsessen, eine Feijoada (Bohneneintopf mit diversen Fleischeinlagen wie Schweinefüße und -ohren…). Auf Thomas Empfehlung stellen wir uns jedoch lieber ein typisches Minero Mittagsmahl zusammen mit Bohnen, Gemüse, Reis, Fleisch und Würsten und einem Spiegelei obendrauf.

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Ein kleiner Spaziergang um den auf 1200 Meter hoch liegenden Ort rundet den Besuch ab. Abends sitzen wir noch im schönen Hof und essen leckere Pizza in Belo. Pizzen sind in Brasilien wie schon auf den Kap Verden äußerst beliebt. Bei so reich gefüllten Tagen, bleibt uns dann keine Power mehr für eine Sambanacht (ab 23 Uhr), auch wenn´s uns reizt.   

 

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Am Sonntag (15.4.) geht’s früh los in die Berge, Natur pur. Nach zweieinhalb Stunden Autofahrt gen Norden in die Serra do Cipó, wobei die letzten 20 km über Staubstraßen gehen, kommen wir in dem Örtchen Santana do Riacho an. Ein besonders schöner und noch nicht so vielbesuchter Wasserfall ist unser Ziel. Wir wandern mit Thomas, Luciana und Deborah sowie der Familie ihres Freundes, zu neun Personen durch die Ebene mit See und Pferden (sieht aus wie im wilden Westen) ein Stück die Berge hinauf.

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Ein Teil unserer Gruppe bleibt beim ersten kleineren Wasserfall und genießt den idyllischen Badeplatz. Wir anderen klettern über einen schmalen Pfad weiter hinauf, zur nächsten Ebene, die eine besondere und große Pflanzenvielfalt bietet. Begeistert fotografiert Ariane einige der unbekannten Pflanzen.

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Dem schmalen Bach folgend, klettern wir weiter zum Fuße des Höhenzuges. Aus imposanter Höhe fällt hier das Wasser in ein tiefschwarzes Becken, das zum flacheren Rand orange ist. Das eisenhaltige Wasser hat auch die Steine gefärbt. Ein kurzes Bad im ziemlich kalten Bergwasser erfrischt ungemein.

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Wir schwimmen zum Wasserfall rüber, unter dem man „duschen“ kann (noch kälter!). Während Ariane und Thomas den Höhenzug noch ein Stück weiter hinauf steigen, filme und fotografiere ich noch begeistert ‚Wasser in Bewegung’.

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Am unteren Wasserfall mit einem etwas wärmeren Badesee, treffe ich die anderen wieder. Herrlich diese Natur, deren Schönheit sich unglaublich dreidimensional auf der Wasseroberfläche spiegelt. Eine wunderbare Welt. Wir genießen es. Zurück im Dörfchen essen wir noch ein paar leckere Empanadas bevor wir uns bei Sonnenuntergang  glücklich und erfüllt auf den Rückweg begeben. 


Am Montag (16.4.) freuen wir uns über einen ruhigen Tag. Wir nutzen das Internet für Korrespondenz und bereiten uns auf den Besuch von Inhotim vor, denn dort gibt es so viel zu sehen, dass wir uns vorab auf der guten Website orientieren. Ariane skypt ausgiebig mit ihrer Familie und stellt dann die Küche auf den Kopf.

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Ein Backofen! Nach 9 Monaten ohne, hat sie gleich viele Wünsche. Zunächst backt sie (gedacht für die Gastgeber) einen Apfelkuchen nach Art ihrer Mutter. Dann gibt’s ein Blech Cantuccini über das sich Luciana ganz besonders freut. Und als schließlich Thomas von der Arbeit nach Hause kommt, backen die Beiden zusammen aus einem deutschen Brotbackbuch von Thomas ein Brot, das gerade noch rechtzeitig zu einem späten Abendessen fertig wird.     

 

Am Dienstag (17.4.) fahren wir mit einem Bus (knapp zwei Stunden) zum Instituto Cultural Inhotim ( www.inhotim.org.br ), dem bedeutendsten Museum für zeitgenössische Kunst in Brasilien, 60 km südlich von Belo Horizonte. Eine traumhafte Verbindung von Natur, Kunst und Architektur. Ein Mäzen und Bergbauunternehmer hat hier in hügeliger Lage eine einzigartige Mischung aus Kunstmuseum und botanischem Garten geschaffen. Luciana hat einen Kontakt hergestellt und mich als Künstler avisiert, daher werden wir von Carolina (Assistente de Curadores) erwartet. Sie begrüßt uns freundlich und gibt uns eine kleine Übersicht und einige Tipps zur Erkundung des Parks. Später treffen wir uns noch einmal in der Bibliothek und sprechen über meine Arbeiten. Natürlich bleibt ein Set Faltblätter dort, für die Kuratoren und die Bibliothek. 

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Wir wollen alles an (nur) einem Tag sehen, dazu nutzen wir den Shuttleservice und lassen uns mit Golfkarts durch Teile des Landschaftsparks fahren. Unter den 100 Kunstwerken gibt es viele große Installationen in eigenen Pavillons. Darunter spannende Werke von international bekannten Künstlern wie Chris Burden, Matthew Barney, Olafur Eliasson und Miguel Rio Branco, deren Arbeiten größtenteils schon mal auf einer der großen Biennalen oder der Dokumenta zu sehen waren. 

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Mittwoch (18.4.) schauen wir uns Belo Horizonte an, dabei sind wir besonders Oscar Niemeyer auf der Spur. Thomas hat uns mit Stadtplänen und nützlichen Infos hervorragend ausgestattet, sodass wir mit unseren, nur rudimentären portugiesisch Kenntnissen, die Stadt zielsicher durchqueren und in den 8 km außerhalb gelegenen Stadtteil Pampulha kommen. Hier sind die Hauptattraktionen der Stadt. In den 40er Jahren beauftragte der spätere Präsident Kubitschek den (damals noch unbekannten) Oscar Niemeyer und den Landschaftsplaner Burle Marx hier ein Stadtviertel anzulegen.

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Um einen künstlichen See zieht sich eine 18 km lange Uferpromenade an der wir das Kunstmuseum und auf der einen Seite des Sees und eine kleine Kirche von Niemeyer auf der anderen besuchen.

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Die kleine Igreja de Sao Francisco de Assis ist ein Schlüsselwerk Niemeyers, da es typische Formen vorwegnahm, mit denen er später in Brasilia berühmt wurde. Abends lassen wir den Tag beim Bier mit Thomas und Luciana in einer uriger Kneipe ausklingen. 

Donnerstag fliegen wir wieder zurück. Eigentlich hätte der Ausflug ins Binnenland ja etwas kürzer sein sollen, aber bei so netten und engagierten Gastgebern, in so angenehmen Ambiente und mit so viel Programm war die Zeit schnell verflogen.

 

 

 

23. Bericht: Guarapari bis Rio de Janeiro (6.-22. 04.12)

Samstag, Juni 2nd, 2012

Dienstag, 3.4.12
Endlich Wind und wir können weiter. Anker auf  mit Schwierigkeiten: die Ankerkette hat sich um zwei Korallenköpfe gelegt. Jens taucht, Stefan von der Runaway kommt ihm dabei zur Hilfe und ich am Ruder. Tauchen und anheben und schließlich unter Motor darüberfahren, so schaffen wir es zu Dritt den Anker los zu bekommen. Bei einem angenehmen Ostwind (4 Bft.) segeln wir Tag und Nacht 4sm vor der Küste gen Süden Richtung Rio.

Mittwoch, 4.4.12
Vormittags schwächelt der Wind, d.h. acht Stunden motoren. Als am Nachmittag der Ostwind auf 3-4 Bft. zunimmt, freuen wir uns den Spi setzen zu können und sanft dahin zu rauschen. Mit Einbruch der Dunkelheit segeln wir mit der Genua weiter, denn der Wind nimmt zu. Bevor wir als nächstes Cabo Frio runden, holen wir uns unterwegs übers Satellitentelefon den neusten Wetterbericht bei Martin, Jens Freund, der immer wieder sehr zuverlässig den Wetterdienst für uns auf See macht. Der Wind soll weiter zunehmen, und es ist unklar, ob bei der Vorhersage, der Kap-Effekt (Windverstärkung) berücksichtigt ist. Die kurzen Wellen sind schon jetzt unangenehm und ca. 2m hoch und so beschließen wir über Nacht in Buzios zu bleiben, soll auch ein touristisch geschätzter Ort sein, zwei Kreuzfahrtschiffe kamen uns von dort entgegen. Im Wiederschein der Uferbeleuchtung, suchen wir uns zwischen Ausflugsschonern und Segelyachten ein freies Plätzchen und um 22 Uhr liegen wir vor Anker. Die letzten 32 Stunden haben uns schon mal 163 sm vorangebracht; um sicher zu reisen, verzichten wir darauf non-stopp zu fahren. 

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Donnerstag, 5.4.12
Buzios sehen wir nur vom Wasser aus, durchs Fernglas. Bevor wir weitersegeln, wollen wir noch Telefonieren und dazu machen wir den PC an – welch Glück, wir bekommen ein Netz und empfangen Skype. Thomas hat uns nach Belo Horizonte eingeladen und Jens telefoniert mit ihm, da er für uns nach billigen Flüge sucht. Ja, es wäre schön Ostern dort zu sein und wir hoffen, dass rechtzeitig in Rio einzutreffen, noch 90 sm bis dahin.

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Los geht’s unter Motor, kaum Wind an dem gefürchteten Cabo Frio, aber eine gute Sicht auf die faszinierende bergige Küste. Wie schön, diese tolle Landschaft nun bei Tageslicht zu sehen, wir fahren durch den Boqueirao und machen eine Pause in der von Bergen umschlossenen Bucht.

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Zur Kaffezeit machen wir eine Pause und ankern in der rundum von Bergen umschlossenen Bucht mit einer Sanddüne. Natürlich – keine Frage, dass wir hier erst mal ne Runde Schwimmen. Das Wasser ist erfrischend, aus dem tropischen Norden kommend, ist eine Wassertemperatur von 24 ° für uns jetzt angenehm kühl, badeten wir doch schon in  29° „Bade“wasser. Nach dieser Erfrischung, Sundowner und Abendessen nehmen wir dann um 20 Uhr Abschied von dieser traumhaft schönen fjordartigen Landschaft, einem spannenden Segelrevier. Das Wasser ist soo glasklar, dass wir sogar bei Mondschein bis auf den 7 Meter tiefen Meeresboden blicken können. Dann motoren wir wieder raus aufs Meer, jede Menge kleiner Fischerboote leuchten an der Felsüste mit großen Scheinwerfern ins Wasser, Pulpofischer.

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Auf See wird es ca. 2 Meter überm Wasser neblig. Dabei stellt Jens fasziniert fest: an den Füßen ist´s kalt und streckt man die Hand nach oben aus, ist´s warm. Kaum zu glauben wie spürbar es ist, dass sich die kalte südliche und die warme nördliche Meeresströmung hier am Cabo Frio begegnen.      

Karfreitag, 6.4.12
Ohne Wind motoren wir durch die Nacht, nur 3 sm vor der Küste. Der Nebel löst sich auf, die Sicht wird etwas besser. Morgens um halb drei eine halbe Stunde vor Wachwechsel, ein schriller Piepton, nach ein paar Sekunden habe ich das Signal geortet – zwei Alarmlampen des Motors leuchten. Ich wecke Jens, „Motor aus!“ sagt er, noch bevor er steht. Jens ist augenblicklich hell wach und diagnostiziert recht bald: der Motor ist heiß, bekommt kein Kühlwasser. Der Seewasserfilter ist sauber, also baut er die Wasserpumpe aus und nimmt sie auseinander. Auf dem Fußboden sitzend, mit Kopfleuchte arbeitend, findet er schließlich – eine Befestigungsschraube der Riemenscheibe hat sich gelöst, so dass der Antrieb für den Impeller versagte. Nach einer Stunde ist der Motor repariert und läuft wieder. Glücklich über die vielseitigen Talente dieses Künstlers, lege ich mich dann um halb sieben in unsere Seekoje. Es geht langsam voran, wir machen gerade mal 4 Knoten Fahrt. Das Panorama einer bergigen Küstenlandschaft mit abwechslungsreichen Gipfelformationen und endlose Sandstrände begleiten uns.

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Gegen 14 Uhr kommt der Zuckerhut in Sicht. Der Himmel ist bedeckt, die Sicht ist mäßig. Das hatten wir so nicht gebucht, in den Reiseprospekten sieht das anders aus, kein gutes Fotowetter. Doch als wir in die Guanabara  Bucht hineinfahren kommt Wind auf. Mit einem frischen Südwestwind und einem guten Schiebestrom rauschen wir mit (seit der Elbe nicht erreichten) 8 Knoten Geschwindigkeit, in die Bucht von Rio de Janeiro, ein besonderes Etappenziel.

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Am Nachmittag machen wir in Niteroi, auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht, fest. Hier liegt der uns empfohlene Club Naval Charitas, in dem wir glauben unsere Chiloë gut und sicher zurücklassen lassen zu können, wenn wir für einige Tage nach Belo Horizonte fliegen. Ob wir es noch schaffen, heute nach Belo Horizonte abzureisen? Jens kommt mit ernüchternden Informationen aus dem Marinabüro zurück. Sie leiten unsere Schiffspapiere gleich weiter, und wir haben uns am Montag, (dem nächsten Arbeitstag) bei den Behörden anzumelden. Aus der Traum von Ostern mit Familienanschluss in Belo Horizonte. Denn ohne offizielle Einreise gleich eine Woche wegzufahren, das ist uns zu riskant. So nutzen wir die Zeit und verbringen Ostern in Rio.

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Am nächsten Tag (7.4.) machen wir uns auf zum Museum für Zeitgenössische Kunst in Niteroi. Schon bei unserer rauschenden Einfahrt in die Bucht zog dieses Gebäude von Oscar Niemeyer in exponierter Lage unsere Blicke magisch an, ein Hingucker für Jeden und eine echte Landmarke. Das skulpturale Gebäude ist Rund und über Rampen erschlossen wie das Guggenheim in New York. Wir widmen uns zunächst der Kunst (überschaubar auf zwei Etagen), doch die Architektur und vor allem die Ausblicke lohnen eine extra (Foto-) Runde durchs Museum. Ein wunderbar entspannter Einstieg in das Kulturleben von Rio und Umgebung.

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Ostersonntag (8.4.) lassen wir ruhig angehen, nach drei Segeltagen und -nächten tut das gut. Am Nachmittag fahren wir mit der Fähre rüber nach Rio de Janeiro.

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Wir fahren ins Museum für Moderne Kunst, ein rationalistischer Bau der 60er Jahre, mit einer Sammlung brasilianischer Kunst. Eine spannende Sonderausstellung (Fernanda Gomez) mit überwiegend kleinen, minimalistischen Objekten füllt eine riesige Halle. Jens entdeckt hier Licht und Schattenphänomene und fotografiert, während ich mich der brasilianischen Moderne widme.

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Im opulent geschmückten Museumsrestaurant wird abends eine Hochzeit gefeiert, so ziehen wir nach Lapa, in das angesagte Szeneviertel, um den Tag bei Bier und Sambamusik ausklingen zu lassen.

Ostermontag (9.4.), ein Arbeitstag: Jens braucht fast den ganzen Tag, uns und das Schiff im Bundesstaat Rio anzumelden. Ein- und Ausreisestempel fürs Schiff bei der Policia Federal und Stempel bei der Capitania/militärische Küstenwache; (bei Ein-und Ausreise ins Land kommen noch der Zoll und Stempel in die Reisepässe hinzu). Dieses Prozedere ist in jedem Bundesstaat zur Ein- und Ausreise nötig und wir passieren immerhin 11 von 27. An Ankerplätzen fragt da allerdings niemand nach und bei kürzeren Liegezeiten haben wir auf diese aufwändige Prozedur gern verzichtet. Als Jens nachmittags (nach 8 Stunden) wieder an Bord kommt zieht gerade ein Gewitter auf. Damit ist es zu spät, um heute noch wie geplant einen Ankerplatz in Rio aufzusuchen.

Dienstag (10.4.) Im Club Naval Charitas in Niteroi gibt’s ein anderes Preissystem als wir es aus Europa gewohnt sind. Die ersten 3 Tage sind recht preiswert, danach verdoppelt sich die Liegegebühr. Da unser Belo Horizonte Aufenthalt verschoben ist, gehen wir jetzt gerne vor Anker. In Itaparica (Salvador) hatte uns Brian eine kleine Ankerbucht in Urca empfohlen. Wirklich ein super Tipp!

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Sicher und schön, direkt unterm Zuckerhut! Wir treffen dort auf ein bekanntes Schiff, die Marty Mc Fly. Außer ihr liegen nur 2 brasilianische Yachten hier. Bald paddeln wir zum Strand und gehen nur 50 Meter bis zur nächsten Bushaltestelle. Von dort kommen wir direkt in die Innenstadt und machen einen kleinen Ausstellungsbummel durchs Centro Cultural del Banco Brasil und angrenzende Galerien, ein schönes Viertel recht europäisch.

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Mittwoch (11.4.) Für heute steht der botanische Garten auf dem Programm, ein historischer Park und einer der größten in Südamerika. Ich hoffe dort Namensschilder zumindest für einige der vielen für mich exotischen Bäume zu finden. Doch da habe ich eins nicht bedacht: hier ist was anderes exotisch, vor allem Bäume aus Asien sind ausgeschildert. Zudem ist die Beschilderung ohnedies sehr sparsam. Beeindruckend sind besonders die alte, riesig hohe Palmenallee und die größte Seerose der Welt (Victoria amazonica) und einige sehr exotische Früchte. Daneben entdecken wir Büschelohräffchen und vielerlei Vögel.

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Im Anschluss gönnen wir uns einen Nachmittag am Strand – natürlich ein Pflichtprogramm in Rio, Leblon, Ipanema und Copacabana!  Doch es ist weder Saison noch Wochenende und von den legendären Schönheiten kriegen wir nichts zu sehen. Jens geht Baden, große Brandungswellen, Wellenreiten statt Schwimmen ist angesagt. Ich wage mich zumindest kurz ins kühle Nass.

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Am Donnerstag (12.4.) stehen wir früh auf, um 6 Uhr gehen wir Anker auf, um zurück nach Niteroi zu fahren, denn heute verreisen wir! Nachmittags gehen unsere Flüge nach Belo Horizonte. Chiloë soll im Club Naval Charitas von Niteroi bleiben. Gerade als wir die Bucht queren sehen wir Segelboote von See aus kommen. Jens greift erst zum Fernglas und dann zur Funke. Ja – es sind die Santana, Aldo und die Runaway, die da nach Rio einfahren. Schnell ist abgesprochen, dass wir eine Aufsicht für Chiloë in Urca haben können. Während Jan (Santana) und Jens noch sprechen, lege ich schon die Pinne über und es geht wieder zurück zum Ausgangspunkt. Wunderbar, dass sich unsere stille Hoffnung erfüllt hat. Es hätte nicht besser kommen können, als mit wachsamen Nachbarn Chiloë eine Woche vor Anker (gratis) liegen zu lassen. Zudem bringt Jan uns und unser großes Gepäck mit seinem Dinghi zum Strand, so dass unseres in dieser Zeit sicher an Deck liegen kann. Es ist aufregend mehrere Tage zu verreisen, besonders für Jens, denn er hat das Schiff seit 9 Monaten nur für eine einzige Nacht (auf La Gomera) verlassen.

Freitag, (20. 4.) zurück aus Belo Horizonte. Wir müssen weiter nach Süden, aber möchten auch noch etwas mehr von Rio sehen. Heute besuche ich das Museum der Schönen Künste. Nicht so umfangreich wie gedacht, aber interessant, um ein bisschen brasilianische Kunst zu studieren. Eins wird mir dabei schnell deutlich, die brasilianische Kunstgeschichte ist jung und umfasst gerade mal 200 Jahre, und die habe ich bald überblickt. In der Nachbarschaft noch ein paar imposante Kolonialbauten.

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Nachmittags treffe ich mich mit Jens, Jan und Trees zum Kaffeetrinken in dem berühmten alten Cafehaus, der Confeitaria Colombo, und nach kurzem Zögern lassen wir es uns bei kleinen Erdbeertörtchen gut gehen. 

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Abends ziehen wir dann zu Viert nach Lapa und zeigen unseren Freunden ein bisschen Nachtleben, wir wollen es auch nochmal sehen, denn Ostersonntag war´s etwas ruhiger als gewöhnlich. Wow, jetzt sind plötzlich zig Kneipen mehr da! Und es ist so voll hier, dass tatsächlich um 22 Uhr die Autos von den Straßen verbannt werden und das Viertel für den Rest der Nacht ganz der Szene gehört. Mit Bierdosen von fliegenden Händlern flanieren wir herum, und schauen und hören uns das Nachtleben zumindest die halbe Nacht an. Um 3 Uhr fallen wir in die Koje, so ein Stadtleben sind wir nicht mehr gewohnt.
 

Samstag (21.) und Sonntag (22.) verbringen wir mit den Vorbereitungen der nächsten Seestrecke.  Obst, Gemüse und weitere Vorräte einkaufen, Strecke planen, Schiff vorbereiten und vor allem den Wetterbericht besorgen. Das ist mal wieder nicht so einfach, denn wir haben kein Internetzugang am Ankerplatz und zu unserer Überraschung ist der Samstag ein Feiertag und in der Innenstadt ist fast alles geschlossen. Wir entdecken ein schönes altes Gebäude mit einer interessanten Skulpturenausstellung samt kleinem Lesesaal mit Wifi und 2 Computern. Nach einiger Wartezeit funktioniert dann ein Emailcheck und wir bekommen den Wetterbericht an einem freigewordenen Rechner. Sonntagnacht soll’s endlich etwas Nordwind geben, so dass unserer Weiterreise nichts mehr entgegen steht (bzw. weht).

Buenos Aires – wir sind da!

Freitag, Juni 1st, 2012

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Wir haben es geschafft! Nach 10 Monaten, 10 Tagen und 10 Stunden haben wir am Sonntag den 27. Mai um 17 Uhr in Buenos Aires festgemacht. Nach einer kleinen Welcome-Party an Bord haben wir erst mal ausgeschlafen, Kontakte vor Ort aufgenommen und eine Stippvisite im neuen Atelier gemacht. Jetzt müssen erst mal die Papiere gemacht werden. Dabei ist der Besuch beim Zoll das Spannendste, denn der entscheidet, wie lange Chiloë im Land bleiben darf, per Gesetz maximal 8 Monate. Und das haben wir heute bekommen.
Das, was wir alles erlebt haben und wie es hier weitergeht kommt demnächst nun wirklich in ausführlicherer Form. Heute freuen wir uns über die Sonne, die sich seit 9 Tagen erstmals wieder zeigt, und trocknen alles was an Deck Platz findet.